Verwirkung von rückständigem Unterhalt nach einem Jahr – das Dilemma der gerade Volljährig gewordenen

Der Jugendliche, der gerade 18 Jahre alt wird, feiert in der Regel seinen Geburtstag ausgelassen mit Freude und wohl auch mit einem Gefühl der Überlegenheit. Endlich ist er oder ist sie volljährig, kann selbst entscheiden, was sie will, kann von zu Hause ausziehen, kann aber im Einzellfall auch den Kontakt zu dem von der Mutter ungeliebten Vater wieder so aufleben lassen, wie der Jugendliche es sich gewünscht hätte.

Hat der Kindesvater über Jahre sich vor der Unterhaltszahlung gedrückt, kann bei solchen Konstellationen der junge Mensch daran gehindert sein, gegen den Unterhaltschuldner- wie die Rechtssprechung es wegen der Verwirkungsgrundsätze verlangt (vgl. OLG Thüringen 2 UF 385/11, Beschluss vom 17.01.2012).

Ein weiterer Grund, die Verwirkungsfrist zu versäumen, ist die Unfähigkeit mancher junger Mensche, sich um ihre eigenen Angelegenheiten insbesondere  den Büro- und Behördenkram „zielstrebig, stressfrei und den zu erfüllenden Formalitäten gemäß“ zukümmern.

Nicht jede Endabrechnung der Jugendämter, die den Volljährig gewordenen informieren darüber, dass er/sie sich jetzt alleine um die  Angelegenheiten zu kümmern haben- gegebenenfalls auch noch Hilfen anbieten- enthält hinreichend nachdrücklich den Hinweis auf die Verwirkung nach einem Jahr.

Bei Änderung der Einkommens und Lebensverhältnisse des Kindesvaters einerseits, der nun wieder mehr Geld verdient und bei auflaufen von hohen vier bis fünfstelligen Beträgen in der Vergangenheit (15000 Euro vom OLG Thüringen entschiedenem Fall) entstehen dem gerade in das erwachsene Leben Entlassenen empfindliche Nachteile.

Im Strafrecht wird jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 21 immer noch ein größeres Maß an Dispens gewährt durch die Anwendung des Jugendstrafrechtes; immer dann also, wenn der junge Erwachsene andere sogar kriminell geschädigt hat. Dies ist ein Mehr an Nachsicht, als es dem Volljährigen zugestanden wird wenn dieser sich selbst (vermögensrechtlich) schädigt.

Es stellt sich daher die Frage, ob nicht jungen Erwachsenen die Möglichkeit gewährt werden muss, sich entweder durch einen Elternteil oder weiterhin durch das Jugendamt (ungeachtet der zusätzlichen Belastung der Jugendämter dadurch) vertreten lässt, um bei der Gefahr der Selbstschädigung nicht schlechter Behandelt zu werden als kriminelle junge Erwachsen, nachdem sie Fremdschäden verursacht haben.

Das der Strafanspruch des Staates etwas anderes ist als zivilrechtliche Individualansprüche steht in diesem Fall gleich nicht entgegen, denn es geht um den Schutz des jungen Erwachsenen in seiner Entwicklung.

Wer will und wer noch nicht so weit ist und wer offensichtlich Hilfe braucht, sollte die Möglichkeit haben, sich zumindest bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres in dieser Hinsicht helfen zu lassen. Junge Erwachsene sollten darüber hinaus aktiv vom Jugendamt auf diese Möglichkeiten hingewiesen werden, die Interessenwahrnehmung sollte von einem Elternteil, der bis dahin die elterliche Sorge hatte, nicht gegen den ausdrücklichen Willen aber ohne Wissen des Jugendlichen ermöglicht werden.