Der neue Versorgungsausgleich – Das Rentner- und Unterhaltsprivileg

Am 01.09.2009 ist das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsaugleichs (VAStrRefG) in Kraft getreten. Die Änderung dieses Gesetzes bringt zahlreiche Veränderungen mit sich, die für Rechtssuchende in Trennungs- und Scheidungssituationen von erheblicher praktischer Relevanz sein können und die je nach Lage des Einzelfalls nicht nur Vorteile sondern auch erhebliche Nachteile beinhalten.

Über die Änderungen können wir nur einen Überblick geben. Hinweisen möchten wir besonders auf die Auswirkungen die das neue Recht auf das sog. „Unterhaltsprivileg“ und das sog. „Rentner-/Pensionistenprivileg“ hat.

Wir möchten Ihnen anhand der nachfolgenden Erläuterungen bei der Einschätzung Ihrer ganz persönlichen Lage behilflich sein. Dieses Merkblatt kann aber unter keinen Umständen eine detaillierte Untersuchung im Einzelfall ersetzen.

Was ist das Rentnerprivileg?

Das Rentnerprivileg bedeutet nach dem bis zum 01.09.2009 geltendem Recht:

Ist der zur Übertragung von Rentenanwartschaften Verpflichtete (also derjenige, der während der Ehe einen höheren Anspruch auf Rente durch Einzahlung erworben hat) bei Regelung des Versorgungsausgleiches bereits Rentner/Pensionär, der Ausgleichsberechtigte aber noch berufstätig, so wird die Rente beim Verpflichteten erst dann gekürzt, wenn der Ausgleichsberechtigte selber in Rente geht. Durch die Aussetzung der Kürzung bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte in Rente geht, können erhebliche Beträge eingespart werden, erhält grundsätzlich der Ausgleichspflichtige mehr Rente oder Pension.

Beispiel:

Frau A und Herr B werden am 01.08.2009 geschieden. Das Scheidungsurteil ist zugleich Endentscheidung über den Versorgungsausgleich. Herr B ist zur Übertragung von Rentenanwartschaften zugunsten von Frau A in Höhe von 150,00 EUR monatlich verpflichtet.

Herr B ist zum Zeitpunkt der Scheidung 66 Jahre alt, Frau A 52 Jahre alt. Herr B bezieht seit 01.05.2008 Rente. Frau A geht voraussichtlich am 01.01.2015 in Rente. In diesem Fall wird die Rente von Herrn B erst dann um 150,00 EUR monatlich gekürzt, wenn Frau A am 01.01.2015 Rente bezieht.

Durch das Rentnerprivileg hat Herr B einen nominellen Betrag von 9.750,00 EUR mehr zur Verfügung.

Achtung! Das Rentnerprivileg fällt mit Inkrafttreten des neuen Rechtes am 01.09.2009 weg!

Was ist das Unterhaltsprivileg?

Nach dem bis zum 01.09.2009 geltenden Recht kann der zur Übertragung von Rentenanwartschaften Verpflichtete, wenn er:

– zugleich der ausgleichsberechtigten Person zum Unterhalt verpflichtet ist,
– selbst Rente/Pension vor Durchführung des Versorgungsausgleiches bezieht,
– die ausgleichsberechtigte Person noch keine Rente/Pension bezieht

beim Versorgungsträger einen Härtefallantrag stellen. In diesen Fällen wird die Kürzung der Rente solange ausgesetzt bis der Ausgleichsberechtigte selbst Rente bezieht.

Beispiel:

Frau A und Herr B werden mit Scheidungsurteil vom 01.05.2009 geschieden. Darin wird auch die nacheheliche Unterhaltsverpflichtung von Herrn B gegenüber Frau A geregelt. Herr B schuldet Frau A nachehelichen Unterhalt. Darüber hinaus ist er zur Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von 1000,00 EUR verpflichtet.

Herr B ist seit 01.01.2009 Rentner und bezieht 2000,00 EUR Rente. Frau A geht voraussichtlich zum 01.01.2015 in Rente und hat ein Einkommen von 1000,00 EUR. Herr B kann jetzt einen Härtefallantrag (§ 5 VAHRG) beim Versorgungsträger stellen, so dass die Übertragung der Rentenanwartschaften in Höhe von 1000,00 EUR ausgesetzt wird bis zu dem Zeitpunkt, in dem Frau A Rente bezieht. Folge ist, dass Herr B zwar nun ein Unterhaltsrechtliches Einkommen von 2000,00 EUR erzielt und demzufolge 500,00 EUR nachehelichen Unterhalt zahlen muss, er aber anderenfalls 1000,00 EUR Rentenanwartschaften hätte übertragen müssen. Hier stehen dem Ausgleichsberechtigten monatlich 500,00 EUR mehr zur Verfügung.

Nach neuem Recht ist dies nicht mehr möglich. Die Aussetzung des Versorgungsausgleiches findet nur noch in der Höhe statt, in der Unterhalt geschuldet ist!

Das bedeutet für den Beispielsfall:

Die Rente des Herrn B wird nur um 500,00 EUR gekürzt, da die Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe des Unterhaltsanspruches von 500,00 EUR ausgesetzt ist. Folglich hat Herr B ein Einkommen von 1500,00 EUR (2000,00 EUR – 500,00 EUR VA Kürzung) und schuldet der Frau A jetzt nur noch 250,00 EUR Unterhalt.

Er verliert mithin 250,00 EUR Unterhalt + 500,00 EUR Kürzung der Rentenansprüche monatlich = 750,00 EUR. Im Gegensatz zum alten Recht führt alleine die Verpflichtung zum Unterhalt nicht mehr zur Aussetzung des gesamten Versorgungsausgleiches.